Dr. Karin Wettig – www.personalitystyling.com beantwortet folgende Fragen über Gesang
Wo genau liegt der Unterschied
zwischen normalen Gesang und Operngesang?
Normaler Gesang wird mit der untrainierten Singstimme
erzeugt.
Dabei achtet der Sänger nicht darauf, ob der Kehlkopf in der
balancierten Tiefposition bleibt, die Zunge flachliegt und die Resonanzräume
von Brust, Kehle, Nebenhöhlen, Nacken und die Resonanzleitung über das Skelett
an der Tonproduktion mit beteiligt ist. Jeder Sänger oder Vogel singt einfach
so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Auch jeder Popsänger, sofern er keine
Ausbildung hat und mit seiner natürlichen Stimme singt, produziert die Töne
über den Tonumfang von 1 bis höchsten 2 Oktaven so wie es kommt. Deswegen hört
man bei jedem untrainieten Sänger einen Registerwechsel von der Tiefe nach oben
und einen Lautstärkewechsel im Übergang der Register. Die naturbelassene
Gesangsstimme hat Übergänge und unterschiedliche Klanggebungen in der Tiefe und
Höhe. Mit der Bruststimme kann man leichter laut singen oder schreien, während
die Oberstimme oft pfeifend oder auch schrill und gepresst klingt. Wird sie in
mädchenhaftem Engelston gesungen, fehlt meistens die Brustresonanz.
Belcanto - Operngesang - italienische Gesangstechnik ist seit 1600 durch die Opern Monteverdis und
die italienische Gesangschulen -Tradition entstanden.
Straßenfestivals wie die Commedia dell'Arte haben die
kräftige Naturstimme auf die Bühnen gebracht und, da es keine Mikrofone gab,
musste man sich auf die alte Tradition der Amphitheater besinnen und die
Powerstimme mit der Brustresonanz und der Stütze durch das Zwerchfell besinnen.
Die Tradition wurde in den meist kirchlichen Sängerschulen weiterentwickelt,
vor allem in der berühmten päpstlichen Kapelle, in der nur männliche Sänger
zugelassen waren. Da Frauen an den Herd und nicht auf die Bühne gehörten,
ließen viele Eltern ihre kleinen Söhne entmannen, um sie als Kastraten
gewinnbringend in der päpstlichen Kapelle unterzubringen. Auch wenn das später
verboten war, setzte sich Kastratengesang bis zu BEginn des 20. Jahrhunderts
fort. Die Faszination der Kraft der männlichen Stimme, kombiniert mit der Süße
und Obertönigkeit der engelsgleichen hohen Frauenstimme wirkten wie Magie auf
das Publikum.
Die italienische Gesangstechnik entwickelte sich aufgrund der
sanglichen italienischen Vokale in den Sängerschulen und breitete sich über
Europa und die Welt aus.
Auch die Frauen
blieben nicht hinter dem Herd, sondern erschienen auf den Bühnen. Die natürliche
Gesangsstimme mit ihren 1,5 Oktaven wurde nun durch italienische Stimmakrobatik
und die Kastratensänger zu höchster akrobatischer Vollendung geführt.
Triller, Läufe, große Sprünge und Trompetenklänge ließen den
berühmtesten Kastraten aller Zeiten Farinelli sogar gegen einen Trompeter im
Orchester den Wettbewerb gewinnen.
Enrico Caruso und Maria Callas wurden viel später zu Ikonen
und Symbolen des dramatischen Operngesanges wie er heute noch gelehrt wird.
Der Unterschied zwischen einer so ausgebildeten Opernstimme
und einer unausgebildeten Sängerstimme ist leicht zu erkennen:
Der Klang ist voller und trägt viel weiter im Raum. Der Ton schwingt im ganzen Körper und wird
wie ein Laserstrahl in den Raum gebeamt. Die Obertöne sind wesentlich reichlicher
vorhanden, vor allem die berühmten Sängerformanten, die den Laien so tief im
Herzen berühren. Der Sänger singt mit seinem ganzen Körper, am wenigsten mit
seiner Kehle. Kiefergelenke, Lippen,
Zunge und Gesicht bleiben entspannt, die Körperhaltung ist optimal aufgerichtet
und in der Balance. Nur so können die Resonanzräume im Körper optimal genutzt
werden.
Im Belcanto nutzt der Sänger ein sogenannten
Einheitsregister, d.h. er wechselt nicht seinen Tonansatz von derTiefe zur
Höhe, auch nicht die Position seines Kehlkopfes oder die Nutzung der
Resonanzräume, sondern nutzt seine Stimme wie ein Musiker sein Instrument. Die
Opernstimme wirkt dadurch einzigartig in ihre Färbung bei jedem Sänger und
jeder Diva. Der gesamte Körper wird durch eine besondere Atemtechnik aktiviert;
der Brustkorb und die Zwischenrippenmuskulatur zusammen mit Bauch und
Beckenboden und der Schamgegend muskulär aktiviert. Nur wenn die Zunge
entspannt ist, flach liegt und der weiche Gaumen sich wie ein Zeltdach hebt,
ist es möglich, die Töne von der tiefsten Tiefe bis zur höchsten Höhe mühelos
gleiten zu lassen. Die Position von Körper, Kopf, Brust und Nacken müssen in
der vollkommenen Balance sein, um einen großen Ton mühelos zu erreichen. Die
Lungenkapazität eines Caruso und seine Beherrschung des langen Ausatems waren
vorbildlich.
Operngesang - Belcanto ist daher hauptsächlich eine
Kombination von Muskelbeherrschung & ökonomischer Atem- und Stimmführung.
Die italienische Gesangstechnik des Belcanto ist seit Jahrhunderten die beste
Möglichkeit, diese Stimmfunktion zu erlernen.
Leider hat das Aufkommen von
Mikrofonen sängerische Leistungen von der authentischen natürlichen vollen
Stimme unabhängig gemacht und so das Verständnis für die wahre Stimme
verschleiert. Deswegen sind leider heutzutage manche Stimmtrainer nicht mehr in der
Lage, wahren Belcanto korrekt zu unterrichten.
Mehr über die Theorie, Geschichte und vor allem die Praxis des Belcanto und die Entwicklung der authentischen wahren Singstimme findet sich in
meinen Büchern
Hier der Link zu meinen Büchern Bücher über Belcanto, Gesang und andere Themen von Dr. Karin Wettig
Ah non credea mirarti - Vincenzo Bellini
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